In seinem Brief vom 29. August 1974 schlägtmir Prof. Dr. Uwe Pape, Berlin, vor, eine vollständige Liste aller von dem französischen Orgelbaumeister Aristide Cavaillé-Coll (1811 - 1899) in Frankreich und im Ausland ausgeführten Arbeiten aufzustellen.
Es ist keine einfache Sache, eine so weitgespannte Arbeit in Angriff zu
nehmen! Es wurden schon früher mehrere Listen von Orgeln der Firma A.
Cavaillé-Coll. veröffentlicht. Zwei davon verdienen Beachturg und
dienten als Grundlage für these Arbeit:
B = C. et E. Cavaillé-Coll, Aristide Cavaillé-Coll -- ses
origines -- sa vie -- ses ceuvres. Paris 1929 (reprint Fischbacher,
Paris 1982), S. 151-161 (Bibliographic);
M = Ch. Mutin, Manufacture de grandes orgues pour églises,
chapelles & salons. Paris s. d. (1923) S. 17-32.
Diese beiden Namensregister geben nur das Land und den Ort, die Art der
Orgeln sowie das Gebäude an, für welche sic gebaut wurden. Unsere
Aufgabe war es, these Listen kritisch zu überprüfen und zu
vervollständigen, sovie die Verträge und Kostenanschläge der Orgeln zu
sammeln. Der zweite Punkt war unmöglich zu realisieren. Dafürgibt es
einen doppelten Grund:
1. Vergebliche Versuche, von den Erben Aristide Cavaillé-Colls zu
erfahren, ob das Archiv dergrossen Orgelbaufirma A. Cavaillé-Coll noch
existiert. Früher war (von den Erben?) das Gerüchtverbreitet worden,
dass die Dokumente im 2. Weltkrieg vernichtet worden seien. Diese
Behauptung ist falsch! Beim Durchforschen der Aufzeichnungen des
verstorbenen belgischen Orgelwissenschaftlers Dom Joseph Kreps O.S.B.
erfuhr ich, dass 1949 in Privatkreisen in Paris Archivmaterial
vorhanden war. Allen Erben sei also herzlich gedankt für ihre so
bereitwillige Mitarbeit ...
2. Von den zahlreichen an Kirchenverwaltungen, Klöster und ausländische
Institute verschicktenRundbriefen wurde kaum einer beantwortet. Jedes
Instrument aufzusuchen, hiesse angesichts der Reise- und sonstigen
Kosten das Meer austrinken zu wollen.
Die Tatsache, dass eine grosse Anzahl der Orgeln zerstört, verändert und
versetzt worden ist, erschwert die Arbeit noch weiter. Es stellt sich
die Frage, ob man die Angaben für alle Instrumente, die Meister Aristide
Cavaillé-Coll gebaut hat, im einzelnen rekonstruieren kann.Iich glaube
das, aber dazu benötigt man:
-ein gutes Spezialistenteam;
-die Kenntnis des Archives der Firma A. Cavaillé‑Coll;
-die /eifrige /Mitarbeit derer, die Instrumente und Informationen von
Aristide Cavaillé-Coll besitzen.
Wenn ein solch wichtiges Unterfangen von einer offiziellen Stelle finanziert würde, wäre ein Erfolg denkbar. Eine Utopie?
Was die Verbesserung und Erginzung der Listen B und M betrifft, so fanden wir durch Zufall eine hochinteressante Arbeit. Sie stammt aus der Hand des verstorbenen Dom Joseph Kreps. Es handelt sich um eine chronologische Liste aller von Meister Aristide Cavaillé-Coll ausgeführten Arbeiten. Die Abschrift besteht aus fünf Heften und ist die Kopie eines grossen Kataloges von 271 Seiten im FolioFormat (mit einem Index), von dem 154 Seiten ausgefüllt waren. Es trug den Titel; Grand livre noir de commandes (Schwarzes Auftrags-Hauptbuch). Es wurde geführt vom Werkmeister der Firma A. Cavaillé-Coll namens (Auguste) Neuburger. Dieses Register war, als es Dom Joseph Kreps im Dezember 1949 abschrieb, im Besitz der Firma Pleyel in Saint-Denis. Seit einiger Zeit ist es unauffindbar (?). Die Abschrift Kreps' hat dadurch einen wahrhaft dokumentarischen Wert bekommen.
Von 1382 Nummern, die in diesem Grand fivre noir de cornmandes standen
-- Dom Joseph Kreps hat nur die Nummern 1 - 704 abgeschrieben -- sind
699 Nummern Meister Aristide Cavaillé-Coll zugeschrieben. Die
Orgelarbiten unter den Nummern 700-704 wurden von ihm begormen, sein
Nachfolger Charles Mutin hat sie fertiggestellt. Dieser Katalog enthält
folgende Angaben:
1. eine. Ordnungsnummer von Aristide Cavaillé-Coll;
2. den Ort der Aufstellung;
3. das Gebäude (Name der Kirche, des Klosters, der Institution);
4. das Lieferdatum;
5. die Anzahl der Claviere, der Register und der Züge;
6. den Preis.
Nur die Nummern 1 bis 699 sind Gegenstand dieser Arbeit. Bezaglich der
Reihenfolge der Eintragungen habe ich mich an die Angaben der Liste (M)
gehalten:
1 Paris, römisch-katholische Kirchen und Kapellen
2 Paris, andere Kirchen und Synagogen
3 Paris, Gemeinschaften, Schulen, Theater, Institutionen
4 Paris, Hausorgeln
5 Paris, Experimentierorgeln
6 Paris, sonstige Orgeln
7 französische Provinz Aufzählung alphabetisch nach Orten
8 französische Kolonien Aufzählung alphabetisch nach Orten
9 Ausland
G.O. Hauptorgel
O.Ch. Chororgel
O.S. Hausorgel
O.acc. Begleitorgel
s.d. ohne Datum
E entlehnt
Man beachte, dass der erste Gebrauch der Abkürzung E vom 21./23.//Juni 1864 datiert (s. alphabetische Liste Nr. G.H. /257 /= C.C. 232/207).//
Diese Veröffentlichung ist also eine minutiöse Wiedergabe der Abschrift Kreps. Aus den oben angeführten Gründen war eine Überprüfung der Abschrift Kreps nach dern Original (verlorengegangen?) nicht zu verwirklichen. Demnach hoffen wir, dass dieser Beitrag Ausgangspunkt für eine grössere und gründlichere Studie sowohl über die romantische Orgel als auch über Meister Aristide Cavaillé-Coll als einen ihrer Schöpfer und Baumeister sein möge.
Mein Dank gilt dem emeritierten Abt Rombaut Van Doren, den Hochw. Patres der Bibliothek und des Archives der Benediktinerabtei von Mont-César zu Leuven, die mir die handschriftlichen Dokumente des verstorbenen Dom Joseph Kreps zur Verfiigung stellten. Auch dem französischen Orgelwissenschaftler Pierre Hardouin möchte ich meine grosse Dankbarkeit aussprechen für die freundliche Unterstützung beim Heraussuchen und Kopieren mehrerer erhaltener Unterlagen in der Nationalbibliothek zu Paris. Mein lebhafter Dank gilt auch meiner Mutter sowie zwei meiner Studenten, den Herren Koenraad und Lieven Marques, die mir die undankbare Aufgabe erleichtert haben, die Karteizettel mehrfach einzuordnen.
Gilbert Huybens --- Brusselse straat I; LEUVEN 3000 - Belgium
Von ARISTIDE CAVAILLÉ-COLL: Liste des travaux executes, Opus List
Verzeichnis der ausgeführten Arbeiten
Herausgegeben im Auftrag der International Society of Organbuilders;
Author: Gilbert Huybens
Copyright 1985 Orgelbau-Fachverlag Rensch, D-7128, Lauffen Neckar; ISBN
3921 848-12-1